Buchrückseite siehe unten

Taschenbuch:   ISBN: 9783819059827
eBook(ePub):   ISBN: 9783819059858
Seiten: 52
0

 

Inhaltsangabe:

Der Kriminalhauptkommissar Martin Lüpke, Spitzname Lüppi, und sein Team werden von einer anderen Kriminalbeamtin um deren Hilfe gebeten. Herr Novak vermisst seine Tante und den Onkel.
Beide arbeiteten in Essen Schuir bei Frau Langheimer im und am Haus. Bei seiner Suche nach den beiden fällt dem Neffen dort am Haus von ihr ein bestialischer Geruch auf und ein Kellerfenster ist voller Fliegen.
Bei der späteren Durchsuchung des Hauses, werden dort beide leblos im Keller gefunden, aber leider nicht alleine...

 

Leseprobe:

9. November 1995, Donnerstag, 9.00 Uhr
Polizeipräsidium Essen

Lüppi saß alleine im Büro, da Heike, Gördi, Petra, Björn und Meik noch am Vorabend zu dem schon erwähnten Großeinsatz gegen die Organisation ‚Neues Reich‘ der Ortsgruppe Ruhr gerufen worden waren. Soweit er wusste waren die fünf seit vier Uhr auf den Beinen. Er war zwar neugierig wie der Ablauf bis zu dem Zeitpunkt gewesen war, fand es aber auch irgendwie gut inzwischen der Leiter der Kriminalinspektion 1 und kommissarischer Kriminalrat zu sein. Das hatte den Vorteil für ihn, er musste bei solchen Einsätzen nicht mit, wenn er das von sich aus nicht wollte, was an dem Morgen eben der Fall gewesen war. Er hatte alle abgeschlossenen Fallakten der vier letzten Fälle vor sich auf dem Schreibtisch liegen. Durchgesehen hatte er sie bereits. Er fing bei dem ältesten Fall an. Der zunächst unbekannte Tote, Gerd Karbenstein, 27 Jahre alt, in der ausgebrannten Halle in Stoppenberg. Er setzte den Kugelschreiber an und schrieb seinen inzwischen berühmten Abschlusssatz vorne auf den Deckel. Fall zwei war Wolfgang Beck, der seinen Sohn gesucht hatte. Ein in sich tragischer Fall wie es schon lange keinen mehr gegeben hatte, seiner Meinung nach. Der nächste Fall war der von Petra und somit ihr erster eigener. Da entschied er sich, ihr den Abschlusstext zu überlassen und die Akte auf ihren Schreibtisch zurückzulegen. Der letzte Fall betraf den Streifenkollegen Ernst, der im Krankenhaus an seiner Kopfverletzung während der OP verstorben war und leider viel zu früh. Auch dort schrieb er den Abschlusssatz auf den Deckel der Fallakte. Als er damit fertig war schaute er sich um, ihm wurde bewusst, wie vieles sich in den letzten Monaten seit Ostern verändert hatte.
Er hatte doch tatsächlich geheiratet, was er nie für möglich gehalten hatte. Er hatte durch Zufall seine Tochter gefunden und das ohne gewusst zu haben, dass es sie überhaupt gab. Dann kam ihm der vergangene Fall nach Ostern in den Sinn.

– Der Fall Erik Metzer, aufgefunden im Schellenberger Wald und Mitarbeiter von Wilfried Birnbaum, Inhaber der Firma ‚Sanitär und Heizung Birnbaum‘ – erinnerte sich Lüppi und es fiel ihm der Sohn Timo Birnbaum auch wieder ein. Er ging im Anschluss alle Fälle in Gedanken einmal durch.

– Danach kamen die Fälle im Hotel Amadeus mit den toten Ärzten. – erinnerte sich Lüppi danach.
Es fielen ihm wieder einige Namen von Toten und danach den noch lebenden Ärzten ein.

Dr. Justus Bachschneider, Dr. Moritz Hedemann, Frau Dr. Pelster, Dr. Ralph und Frau Dr. Annemarie Finnenthal, Hans-Peter Loserd und Dr. Irmgard Steverling oder hieß sie Stewen? – fragte er sich.
Als nächstes kam ihm der Nachtp
ortier, Helmut Peters in den Sinn und das nicht zugelassene Medikament Hatzigoratat.

– Danach kamen die zwei Fälle, die über die Bilder von dem Maler Franz Haidinger, fast ein Fall waren. Die hießen doch Lieselotte Maxfield aus Heisingen und Joachim Eckhoff aus Heidhausen. Johanna Holzgrefe war doch die Geliebte des Malers, die einen Sohn hatte, den sie nicht haben durfte. Nämlich Manfred Becker. Mit ihm zusammen haben wir doch das versteckte Rätsel gelöst. Torti und ich waren doch noch bei der Eröffnung des Franz Haidinger Museums.  – erinnerte er sich.
Er überlegte, was denn danach kam.

– Ach ja, der Wachmann Olaf Pader, der tot im Schrottcontainer in der Autowerkstat von Mark Kirchheim, dem Rennfahrer, aufgefunden wurde. Der war doch bei der Firma ‚Wachschutz Breitschläger‘ beschäftigt. Der Inhaber Bernd Breitschläger hat doch einen Schwiegervater, der Romane vom Gardasee schreibt, Commissario Morelli. Torti und ich haben doch im Urlaub jeweils ein Buch von ihm gelesen. – erinnerte er sich und es fielen ihm sofort im Anschluss die Fälle mit dem Hamit-Clan wieder ein.
Dabei kam ihm wieder in den Sinn.

– Der Einsturz der Mehrfamilienhäuser in Altendorf und das Syndikat mit den Ex-Kollegen Waldemar Fahrenholz, Alexander Uellendahl und Oliver Cramer, alle inzwischen in Haft. Die korrupten und toten Kollegen Friederich Stölter, Axel Fuchs und Andreas Geldmacher, Spitzname Moneymaker. – fielen ihm auch ein.

„Was für Scheißtypen!“, sagte er laut.
Das im Anschluss der Toskana-Urlaub kam, wusste er nur zu gut.

– Da haben wir doch den echten Morelli kennengelernt. Marco Morelli, Commissario Capo von Florenz und den Oberleutnant der Carabinieri Santino Martinelli. Er war doch kurz vorher der neue Jäger geworden. Den Italienischen Namen dafür habe ich…, jetzt doch vergessen. Wir haben doch die Ex von dem Alexander Uellendahl getroffen, die uns zu ihrer Hochzeit eingeladen hat. Die zwei heißen jetzt doch Bellini. Ja, genau, Annette und Luigi Bellini. – erinnerte er sich und ihm wurde der Hintergrund wieder bewusst.

„Das war ein Dingen mit dem Vornamentausch!“

– Was kam danach? Ach, ja…, die Toten durch das Grünzeug. Wie hieß die blöde Blume noch mal…, ach, egal, ich weiß ja wie sie aussieht. Das Grünzeug hat doch Hannelore Osterfeld und Axel Herrmann das Leben gekostet. – konnte er sich erinnern.

– Und im Anschluss kam doch der Wahnsinn schlechthin. 13 Tote in Serie und das alles, weil eine Mutter weggesehen hat, was mit ihren Söhnen passierte. Eine unfassbare Mordserie mit sehr viel Trauer. – fiel ihm ein, weil es noch nicht besonders lange her war.

– Und nun diese vier Toten. – dachte er und sah auf die vier Fallakten.

„Was mag wohl als nächstes kommen?“, fragte er sich laut in das leere Büro hinein. „Schauen wir mal…!“

 

Donnerstag, 10.00 Uhr
Italien, Lago Maggiore
Haus oberhalb vom Ort Cannero Rivera

Bernardo Carbone, Maria Damico, Michele Alessandro Mascali und Gianna Rizzi saßen am nicht mehr so warmen Morgen in der Küche am Esstisch und tranken die ersten Café´s aus der neuen Espressomaschine. Sie unterhielten sich über ihren gemeinsamen Erfolg und die tollen Ideen von Gianna.
Das dieses Gespräch auf Italienisch mit einigen sizilianischen Worten geführt wurde, sei hiermit erwähnt.

„Die Idee das Zyankali in Giacomo´s Maserati Quattroporte zu packen und der deutschen Organisation den Wagen mitzugeben war brillant“, fand Bernardo.

„Dem Giacomo einen unauffälligen Mercedes dafür geben zu lassen, war auch großartig“, war Maria der Meinung.

„Genauso wie die neuen Mobiltelefone unter einem Schweizer Namen“, fügte Michele an.

„Habt ihr drei heute vor mich verlegen zu machen?“, fragte Gianna.

„Ich glaube die zwei stimmen mir zu, wenn ich sage, du hast sehr gute Ideen und den nötigen Weitblick. Ich finde, wir können uns freuen, dich bei uns zu haben“, sagte Bernardo.

„Und ich freu mich ganz besonders über dich“, sagte Michele und gab ihr einen Kuss.

„Wir zwei haben bis jetzt nicht darüber gesprochen…, ich finde, wir zwei kommen super miteinander klar“, sagte Maria in Richtung Gianna.

„Du wirst für mich langsam zur zweiten Freundin, neben Melanie“, sagte Gianna.

„Wer ist Melanie?“

„Melanie Zenatti, die Immobilienmaklerin unten im Ort. Da haben die beiden das Haus hier gemietet.“

„Das wir auch kaufen könnten…, nicht wahr?“, fragte Maria ihren Bernardo.

„Ja, könnten wir…“, antwortete er etwas verhalten.

„Dir scheint der Gedanke nicht zu gefallen“, empfand sie.

„Wir haben doch mein Haus auf Sizilien.“

„Aber dahin wollen wir doch nicht so schnell zurück, Bernardo“, sagte Maria.

„Nicht?“

„Nein, wir bleiben erst einmal hier. Hier ist es wunderschön und zudem, Zuhause auf Sizilien war ich mein Leben lang, das reicht mir für den Rest meines Lebens. Ich möchte in die Schweiz und nach Österreich. Je länger ich darüber jetzt spreche, desto mehr finde ich die Idee von den beiden gut“, dabei sah sie zu Gianna und Michele.
„Wir sollten das Haus auf alle Fälle kaufen.“

„Aber weißt du, was das kostet…?“, fragte er sie und bemerkte im gleichen Augenblick, die Frage war ein Fehler.

„BERNARDO!“, sagte sie laut empört.
„Das ist jetzt ein Scherz. Hast du vergessen wer sich bis jetzt um deine Finanzen gekümmert hat?“, fragte sie rhetorisch.

„Nein, habe ich nicht vergessen“, antwortete er etwas kleinlaut.

„Du, mein Lieber, könntest neben dem Haus den ganzen Ort Cannero Rivera kaufen und wärst immer noch nicht arm.“

„Ist nicht mein Geld, sondern jetzt unser Geld“, sagte er und versuchte sie zu beschwichtigen.

„Das ist schön, dass du das sagst. Wenn es auch mein Geld ist, sage ich jetzt, wir kaufen das Haus hier. Hier wohnt man schön, der Ausblick ist fantastisch und die beiden wollen ja auch hierbleiben. Hinzukommt, ich lasse doch jetzt meine neue Freundin Gianna nicht alleine.“

„Und was ist mit mir?“, fragte Bernardo.

„Du kannst ja zurück auf deine Insel fahren, was du aber mir zuliebe nicht tun wirst. Ich kenne dich nämlich sehr genau, mein Brummbär“, sagte sie.
Michele und Gianna sahen sich an, gaben sich einen Kuss und Gianna sagte.

„Dann ist das ja auch geregelt.“

„Okay, ich gebe mich geschlagen, ihr drei habt gewonnen“, bestätigte Bernardo und bekam von seiner Maria auch einen Kuss.

„Soll ich Melanie anrufen?“, erkundigte sich Gianna.

„Tu das, meine Liebe“, bekam sie von Maria zur Antwort.

 

Donnerstag, 11.15 Uhr
Polizeipräsidium Essen

Lüppi saß noch immer im Büro, nur das er zu dem Zeitpunkt nicht mehr lange alleine war. Der Anzahl der Schritte nach zu urteilen, die auf dem Gang näherkamen, schätzte Lüppi auf Grund der Trittgeräusche auf mehr als sechs Personen.

„Da sind wir wieder“, sagte Heike und alle fünf betraten das Büro. Ihnen folgten Marcel und Mario.

„Wir haben gehört, die Fälle sind abgeschlossen…“, sagte Marcel und lächelte Lüppi an, der bereits ahnte, was er damit meinte.

„Die Akten liegen da“, sagte er daher und zeigte darauf.

„Was ist mit meiner Akte?“, fragte Petra fast schon entsetzt nach, da ja ihre auf ihrem Schreibtisch lag.

„Ich denke, da kannst du einen eigenen Abschlusssatz darauf schreiben, wenn du das möchtest“, sage Lüppi ihr und sie strahlte ihn an.
Sie setzte sich hin, nahm sofort ihre Akte und schrieb. Als sie fertig war unterschrieb sie ihren Abschlusstext noch und gab Lüppi die Akte zur Freigabe zurück. Lothar betrat das Büro, sah wer alles da war und fragte.

„Wie ist es gelaufen?“

„Wir haben alle festnehmen können. Die zwei Dellmann´s, den Bachhofer, die zwei Mayer´s und all die anderen. Nur einer ist uns durch die Lappen gegangen…“, antwortete Gördi.

„Wer?“, fragten Lothar und Lüppi gleichzeitig.

„Der Walther Halmer, alias Zeller, alias Cremer. Der hat wohl irgendwie von der Verhaftung der drei gestern Wind bekommen.“

„Mist!“, sagte Lüppi.

„Egal, den kriegen wir auch noch“, sagte Marcel und schaute auf die erste Akte.

„Bevor ihr euch die Abschlusstexte anseht“, sagte Lothar und schloss die Tür hinter sich.
„Lüppi und ich denken, wir sollten Sie alle hier über etwas aufklären, was den Kollegen Wortmann betrifft.“

„Ich weiß was Sie meinen, Herr Bäumler. Mir wäre aber lieber, es bleibt wie es ist“, sagte Meik.

„Meik, wie wir ja inzwischen hier alle wissen, beabsichtigst du das Haus von Gördi zu kaufen“, sagte Lüppi.

„Was hat das damit zu tun…?“, fragte Meik nach.

„Spätestens beim Notar wird das herauskommen, wovon außer Herr Bäumler und ich niemand weiß.“

„Oooh…!“, sagte Meik und alle schauten ihn an.

„Lüppi und ich denken, in dieser Runde können wir darüber sprechen“, sagte Lothar.

„Mmh…, stimmt, daran habe ich gar nicht mehr gedacht. Das ist für mich inzwischen so in Fleisch und Blut übergegangen, das ist für mich jetzt schon fast normal“, teilte Meik mit.

„Hallo…, bitte…, wovon redet ihr da?“, fragte Marcel nach.

„Das wüsste ich jetzt auch gerne“, sagte Gördi.

„Jetzt kannst du es sowieso nicht mehr vor uns verheimlichen“, fügte Heike noch an.

„Käse…, ich weiß nicht… muss das sein?“, fragte Meik und sah zu Lüppi und Herrn Bäumler.

„Herr Wortmann, wir sollten mit den hier Anwesenden darüber sprechen. Alle werden dichthalten und es nicht nach außen weitergeben“, versprach Lothar.

„Okay…, von mir aus! Sagen sie es…“, sagte Meik.

„Herr Wortmann heißt nicht Wortmann, dies ist nur sein Deckname den er sich nach der Abreise aus Berlin nach seinem verdeckten Einsatz zulegen musste“, klärte Lothar auf.

„Wie heißt du denn in Wirklichkeit?“, fragte Petra.

Marc Heidtmaier ist mein echter Name. Meik Wortmann ist mein Deckname“, sagte Meik.

„Es bleibt aber bei Meik, richtig?“, fragte Mario nach.

„Ich bitte darum“, antwortete Meik, der Marc hieß.

„Na dann wissen wir das jetzt auch“, sagte Marcel und bat nun etwas ungeduldig. „Jetzt zeig mal bitte was du als Abschlusstexte geschrieben hast, Lüppi.“
Er schaute nun auf die erste abgeschlossene Fallakte. Es war die von
Gerd Karbenstein aus der Halle in Stoppenberg.

„Ich lese es mal vor“, sagte Marcel an alle.

‚Das Opfer war ein der Polizei nicht unbekannter Mann und er hatte sich auch erneut straffällig gemacht. Sterben musste er, weil eine Person den Partner bestrafen wollte.‘
M. Lüpke

„Die zweite Akte betrifft Wolfgang Beck.“

‚Wenn ein Vater vergeblich seinen Sohn sucht, ist dies schon tragisch. Wenn er dabei aber Zeuge einer Straftat wird und zwei Dumpfbacken nichts Besseres einfällt als gemeinschaftlich das Opfer zu ermorden, nimmt die Tragik weiter zu. Das Schlimmste ist aber, wenn die Suche nach dem Sohn völlig sinnlos ist, da die Lösung hätte ganz einfach sein können.‘
M. Lüpke

„Die dritte Akte ist der Streifenkollege Ernst Deistauer.“

‚Ein Kollege, der es immer mit allen nur gut gemeint hat, verlor leider sein Leben, weil ein anderer durch Alkohol nicht klar denken konnte und die Situation falsch einschätzte. Ein schwerer Verlust, nicht nur für seine Familie.‘
M. Lüpke

„Hier ist der Fall von Petra, ich lese mal vor“, sagte Lüppi.

‚Einem Mensch voller Trauer um seine verstorbene Frau fiel keine andere Lösung ein als den vermeintlichen Täter zu ermorden. Eine menschliche Katastrophe ist es dann, wenn es dabei auch noch den Falschen erwischt.‘
P. Minnelli

„Wau, die sind alle vier gut“, fand Lothar.

„Dürfen wir ab jetzt alle einen eigenen Abschlusstext schreiben“, fragte Björn nach.

„Nein, war nur eine einmalige Ausnahme“, antwortete Lüppi.

„Oh, schade und ich habe mich auch schon gefreut…“, sagte Heike im enttäuschten Tonfall.

„Was ist mit Herrn Wortmann, hat er deine interne Lüppi-Prüfung bestanden?“, wollte Lothar erfahren.

„Ja, hat er“, sagte Lüppi, stand auf und gab Meik die Hand mit den Worten. „Herzlich willkommen bei uns.“

Sie, liebe Leserin und lieber Leser, erwarten jetzt bestimmt, wie in den 8 Bänden davor auch, dass das Telefon schellt!
Dies war an dem Tag nicht der Fall, denn …
  

es klopfte an der geschlossenen Tür. Lothar öffnete sie und es kam erneut Ulrike von der KK12 für Vermisstenfälle.

„Darf ich mal stören?“, fragte sie zwar, sprach aber direkt weiter.
„Der Herr Novak, der Tante und Onkel sucht, hat sich gerade gemeldet. Er ist zum Haus von Frau
Langheimer gefahren. Er hat sich da umgesehen und dabei ein kaputtes Kellerfenster entdeckt. Dort soll es bestialisch riechen und das restliche Fenster ist voller Fliegen.

„Petra, Meik und Björn, ihr drei übernehmt das“, sagte Lüppi. „Bitte, natürlich!“

„Geht klar“, sagte Meik.

„Wir kümmern uns um einen Beschluss für das Haus“, informierte Marcel.

„Sollen wir dann warten, bis ihr den Beschluss habt?“, wollte Petra wissen.

„Wenn es dort so riecht, wie der Herr Novak sagt und die Eigentümerin nicht greifbar ist und mauert, das Ehepaar Novak seit fast vier Wochen vermisst wird und die Annahme nahe liegt, dass beide dort sind, dann geht rein und fackelt nicht lange“, sagte Lüppi.

„Echt…?“, fragte Petra nach.

„Ja, macht. Lüppi und ich geben euch Deckung dafür“, sagte Marcel.

„Dürfen wir deinen Beutel mitnehmen?“, fragte Petra nach.

„Ihr drei doch immer. Bitte auch wieder auffüllen“, bat er.

„Wo ist das denn?“, fragte Björn, Spitzname ‚der Bär‘.

„In Schuir. Ich komm mit euch, ist ja bis jetzt auch noch mein Fall“, antwortete Ulrike.

„Dann verständige ich mal die KTU“, sagte Heike.
Nachdem sich die drei ihre Jacken angezogen hatten, Mario noch einen Kuss bekommen hatte, waren sie kurze Zeit später weg. Zurück blieben Heike, Lothar, Lüppi, Marcel, Mario und Gördi.

 

Donnerstag, 11.30 Uhr
Italien, Lago Maggiore
Haus oberhalb vom Ort Cannero Rivera

Bernardo Carbone, Maria Damico, Michele Alessandro Mascali und Gianna Rizzi hatten gefrühstückt und befanden sich noch in der Küche. Während die Damen das Frühstücksgeschirr spülten und abtrockneten fragte Maria.

„Was machen wir denn heute?“

„Wenn ihr Lust habt, könnte ich euch den Ort Ascona in der Schweiz zeigen“, machte Gianna den Vorschlag.

„Au ja, das wird dann mein erster Auslandsaufenthalt“, sagte Maria.

„Ascona? Es gibt doch einen Opel, der Ascona heißt“, wusste Michele.

„Stimmt, den gibt es auch“, bestätigte Gianna.

„Von mir aus gerne“, sagte Bernardo.

„Gut, dann fahren wir heute in die Schweiz“, freute sich Maria.

„Da gibt es doch bestimmt die berühmte Schweizer Schokolade zu kaufen“, überlegte Bernardo.

„Die finden wir bestimmt“, war sich Michele sicher.

„Heute Abend könnten wir im Restaurante meines Vermieters essen gehen, dann kann ich euch den mal zeigen“, bot Gianna an.

„Der Typ würde mich interessieren“, sagte Bernardo.

„Der schuldet dir doch noch Geld, nicht wahr?“, fragte Michele nach.

„Ja und ich habe noch Mietschulden bei ihm“, erinnerte Gianna.

„Das sollten wir mal miteinander vergleichen, mal sehen wer wem mehr schuldet“, sagte Michele.

„Sollen wir dann?“, fragte Maria und war schon ganz auf die Schweiz gespannt.

 


Donnerstag, 12.10 Uhr
Essen Schuir

Die vier waren mit einem Wagen zur Adresse von Frau Langheimer gefahren. Dazu waren sie den Schuirweg
hinunter gefahren und nach ein paar Kilometern links abgebogen. Nach weiteren 2 Kilometern kamen sie an einem alleinstehenden Haus an. Außer einem Wald auf der linken Seite und weite Wiesen zur rechten Seite war in Sichtweite kein weiteres Haus zu sehen. Die Straße endete dort und nur ein Fußweg in Form eines Trampelpfades ging von dort weiter. Ein Streifenwagen und ein VW Golf standen bereits am Ende der Straße. Die zwei Streifenkollegen sahen die herannahenden Kriminalbeamten. Nach dem Aussteigen sprach Ulrike die zwei an.

„Hallo, Kollegen, ist der Herr Novak noch hier?“

„Ja, ist hinter dem Haus. Er wollte noch mal durch das Kellerfenster schauen“, antwortete einer der beiden.

„Wem gehört der Golf, dem Herrn Novak?“, fragte Björn nach.

„Er ist damit gekommen, wird wohl seiner sein“, kam die Antwort.
Die vier gingen um das Haus herum. Ein Haus von Ende des 19. Jahrhunderts. Gut zu lesen über dem Eingang war die 1896. Der Eingang war geschützt mit einem Balkon, der von zwei Säulen getragen wurde und so die Haustür vor schlechtem Wetter schützte. Das Haus bestand aus zwei Etagen, der Anstrich war mal weiß gewesen. Die Blendläden, jeweils zwei pro Fenster, waren in grün gehalten. Alle Fenster waren sogenannte Sprossenfenster und bestanden aus acht einzelnen kleinen Glasscheiben, plus Rahmen. Das Dach hatte im Bereich des Hauseingangs einen großen Giebel mit einem halbrunden Fenster darin. Hinter dem Haus trafen die vier niemanden an. Herr Nowak befand sich auf der rechten Hausseite vom Eingang. Diese Seite war von vorne nicht begehbar, noch einsehbar, wenn man nicht einmal um das ganze Haus herum ging. Zwischen zwei Sträuchern stand der vermeintliche Neffe des Ehepaares Novak und schaute sich das Treiben der vielen Fliegen an. An den beißenden Geruch schien er sich inzwischen gewöhnt zu haben. Ulrike und Meik traf fast der Schlag als sie den Geruch von ein paar Metern Entfernung bereits wahrnahmen. Björn machte große Augen und war über Petra´s Nicht-Reaktion überrascht, die sich erneut einredete.

– Es stinkt nicht, es stinkt nicht, das bilde ich mir nur ein. Das ist nur eine Filmrequisite. Es stinkt nicht. –

Ulrike blieb frühzeitig stehen und sprach den vermeintlichen Herrn Novak an.

„Sie sind Herr Novak, der mich angerufen hat?“, fragte sie nach.

„Ja, der bin ich“, antwortete er, während er sich zu den Vieren umdrehte.
„Sie sind Frau Berns?“

„Ja, genau, Kriminalhauptkommissarin des Kriminalkommissariat 12 für Vermisstenfälle.“
Alle drei blieben stehen, während Herr Novak auf sie zuging. Mit etwas Abstand zu ihm ging Petra an ihm vorbei und blieb dort stehen, wo er zuvor gestanden hatte. Zwei sehr hochgewachsene Sträucher standen unmittelbar an der Hausseite. Beide schätzte sie auf über zwei Meter. Zwischen den beiden war für Petra deutlich zu erkennen, dort schien bis vor kurzem ein dritter Strauch gestanden zu haben. Dieser war entfernt worden. Die zwei Sträucher auf Abstand hatten keine Blätter an den Seiten, sondern nur nackte Ästchen. Petra schloss daraus, als die Büsche irgendwann gepflanzt worden waren, waren sie noch deutlich kleiner und standen auf Abstand. Mit der Zeit wurden alle drei größer und nahmen sich gegenseitig den benötigten Platz weg. Der Busch, der herausgeholt worden war, lag einige Meter abseits auf der Wiese an ähnlich großen Büschen zur Straße hin, die auch weit über zwei Meter groß und dicht gewachsen waren. Die kaputt geschlagene Fensterscheibe von vier Glasscheiben war deutlich unten rechts zu erkennen. Die Scheibe war offensichtlich von innen her zerstört worden. Die Glasscherben dazu befanden sich an der Hauswand direkt unter dem Kellerfenster.

„Siehst du was?“, fragte Meik von einigen Metern Entfernung.

„Ja, tue ich“, antwortete Petra, sah zu ihm hin.

„Erzähl mal, bitte?“, bat Meik.
Sie hingegen kam auf die Idee, es wie Lüppi mit Gördi zu machen.

„Ach, sich nicht trauen, aber alles wissen wollen. Komm doch und siehe selber“, antwortete sie daher.

„Danke, Frau Kollegin.“

„Nicht dafür.“

„Die Glasscheibe scheint erst vor kurzer Zeit zerschlagen worden zu sein“, sagte Herr Novak in Richtung Petra.

„Stimmt, ist deutlich zu sehen“, antwortete sie ihm.

„Finden Sie es nicht auch merkwürdig, dass man drei
Büsche direkt vor einem Kellerfenster pflanzt?“, erkundigte sich Herr Novak.

„Sehe ich ganz genauso wie Sie.“

„Da könnte man doch auf die Idee kommen, dies war kein Zufall, sondern ist mit Absicht passiert.“

„Vielleicht war es den Herrschaften vor langer, langer Zeit zu hell im Keller oder der Keller benötigte kein Tageslicht“, erwiderte sie ihm und meinte es zu Anfang gar nicht wie sie es sagte.

„Ach, Sie meinen, einen Hibiskus zu pflanzen war einfacher als von innen am Fenster ein Rollo anzubringen…?“, fragte Herr Novak zurück und ging auf den Spaß ein.
Petra sah ihn an und ihr fiel auf, der etwa gleichaltrige Mann war in der Lage auf ihren Spaß einzugehen, diesen zu
erwidern und dies obwohl er Onkel und Tante vermisste.
Sie fragte sich daher im Stillen.

– Ist das Verhalten normal, wenn ich die Zwei vermisse und mir Sorgen um sie mache? –

„Zumal der Hibiskus bei diesem Standort nicht besonders schnell wächst“, informierte er.

„Wie schnell wächst denn ein Hibiskus?“, fragte Petra zurück.

„Je nach Standdort 10 bis 20 cm pro Jahr. Macht dann bei der Größe und diesem Standort hier, mindestens 20 Jahre.“

„Oh…“, sagte Meik.

„Woher kennen Sie sich so gut mit Pflanzen aus oder trifft Ihr Wissen nur auf den Hibiskus zu?“, wollte Ulrike erfahren.

„Mein Onkel ist gelernter Gärtner und ich habe sehr viel über Pflanzen von ihm gelernt. Er hat immer gehofft ich würde auch Gärtner, so wie er.“

„Sie sind aber Journalist geworden?“, fragte Ulrike nach.

„Ja, genau. Sport-Journalist für Tageszeitungen, um genau zu sein.“

„Tageszeitungen? Mehrzahl?“, fragte Petra nach.

„Ich bin freier Sport-Journalist“, erklärte er.

„Wie nahe stehen Ihnen Ihre Tante und der Onkel?“, wollte Björn wissen.

„Bis zu meinem Auszug habe ich bei den beiden gelebt. Nach dem Tod meiner Eltern haben die beiden mich bei sich aufgenommen. Sie selbst haben keine Kinder und
wollten auch keine. Im Grunde genommen wollten sie mich auch nicht, was ich immer wieder zu spüren bekommen habe. Zehn Jahre habe ich bei ihnen verbracht. Es war nicht alles schlecht…, aber bei weitem auch nicht gut.“

„Darf ich fragen, wie alt Sie sind?“, wollte Meik erfahren.

„28 Jahre und bevor sie mich fragen, wann ich ausgezogen bin, sage ich es Ihnen sofort. Vor 8 Jahren“, war die Aussage von Goran Novak.

„Wie war der Kontakt zwischen Ihnen dreien?“, fragte Ulrike nach, obwohl er ihr das schon gesagt hatte.

„Wie ich Ihnen schon mitgeteilt habe, sporadisch. Vor vier Wochen waren wir verabredet“, antwortete er.
„Ich sollte am Sonntagnachmittag zu ihnen kommen. Bin ich auch, wer nicht da war, waren die beiden. Den Rest kennen Sie.“

„Sie haben einen Schlüssel für das Zuhause Ihrer Tante und Ihres Onkel?“, fragte Björn.

„Ja, habe ich. Ich war an dem besagten Sonntag auch in deren Wohnung, nachdem ich zigmal geschellt habe. Da war nichts vorbereitet. Kein Kuchen gebacken und kein Tisch gedeckt. In der Küche und im Kühlschrank habe ich noch nicht einmal Zutaten für einen Kuchen gefunden. Ich habe dann eine Stunde auf die Zwei gewartet und bin dann wieder zu mir nach Zuhause. Am nächsten Tag bin ich sehr früh wieder zu ihnen. Es war alles unverändert. Daraufhin habe ich die Zwei als vermisst gemeldet.“

„Wie häufig sahen Sie drei sich bis vor vier Wochen denn so?“, fragte Petra.

„Alle 3-4 Wochen, zumeist an Sonntagnachmittagen.“
Ein Auto kam hörbar angefahren. Die Kriminalbeamten vermuteten ihre Kollegen.

„Ich geh mal nach vorne, das könnte die KTU sein“, sagte Björn.

„Wir können alle wieder nach vorne gehen“, gab Ulrike den Hinweis.
Was sie dann auch taten. Auf der Rückseite des Hauses befand sich eine Terrasse, die über drei Stufen zu erreichen war. Drei doppelflügelige Türen, die alle kaum breiter waren als ein normales Fenster, führten vom Wohnzimmer auf die Terrasse. Petra stieg die drei Stufen hoch, um zu sehen, ob eine der Terrassentüren offen war.

„Die sind alle zu“, sagte Herr Novak in ihre Richtung.

„Sie haben ringsherum schon alles kontrolliert?“, fragte Petra zurück.

„Na, klar doch.“
Beide folgten den anderen dreien nach vorne. Den PKW, denn alle gehört hatten, war wirklich von den Kollegen. Mit
Horst Vollmer dem Leiter der Kriminaltechnische Untersuchungsstelle Essen waren dessen jüngere Kollegen Moris und Sven mitgekommen. Man begrüßte sich untereinander und Petra holte Lüppi´s Beutel aus dem Auto. Horst sah es und meinte zu ihr.

„Petra, den kannst du im Auto lassen. Du oder ihr bekommt gleich Gummihandschuhe, Schuhüberzieher und Beweistüten von uns.“

„Das ist lieb von euch“, antwortete sie.

„Habt ihr einen Beschluss für das Öffnen?“, wollte Horst wissen.

„Marcel kümmert sich darum. Lüppi und er geben uns Rückendeckung, um vorher schon reinzugehen.“

„Dann mach, Moris“, sagte Horst.
Der Angesprochene setzte das Spezial-Werkzeug zum Öffnen der Tür auf das Schlüsselschild der Haustür an. Einen Schlüssel hatten sie ja nicht, der Geruch, der aus dem Kellerfenster kam reichte aus, damit sie sich Zutritt zum Haus verschafften.

„Herr Novak, wissen Sie wie Ihre Tante und Ihr Onkel hierhergekommen sein könnten, ein Auto steht hier nämlich nicht“, wollte Meik wissen.

„Die Zwei haben kein Auto. Die fahren mit dem Bus“, antwortete Herr Novak.
„Ich nehme mal an, die beiden sind immer bis zur Meisenburgstraße gefahren und von dort aus hierhergelaufen“, vermutete er.

„Das ist aber nicht gerade umme Ecke“, sagte Horst.

„Das sind doch bestimmt 2 km Fußweg zur und von der Haltestelle bis hierher“, vermutete Ulrike und hatte bis auf wenige Meter sogar Recht damit.
Es verging noch eine Minute bis ein recht lautes Knacken zu hören war. Der Profilzylinder war an seiner schwächsten Stelle in zwei Teile gerissen worden. Ein Teil hing an dem Spezial-Werkzeug, den anderen Teil konnte Moris mit drei Schlägen ins Hausinnere treiben. Dieser Teil fiel im Hausflur auf den Boden. Mit einem entsprechenden Adapter ließ sich danach die Haustür aufschließen. Horst und seine zwei Kollegen zogen sich ihre Schutzanzüge über, so wie Petra und Björn die Schuhüberzieher und Gummihandschuhe. Ulrike und Meik zogen es vor mit Herrn Novak vor dem Haus stehen zu bleiben und ihm
‚Gesellschaft zu leisten‘. Moris und Sven schauten sich zuerst im Erdgeschoss um, während Host, Petra und Björn auf die zwei warteten. Im Erdgeschoss befand sich ein großes Wohnzimmer mit den schon beschriebenen drei Terrassentüren in der Mitte der Etage. Die Küche war auf der rechten Hausseite, die auch schon fast als Wohnküche hätte bezeichnet werden können. Ein Esszimmer auf der linken Hausseite mit einem langen Tisch und den passenden 14 Stühlen. An den Längsseiten befanden sich zwei identische Anrichten. Alle Möbel schienen aus der vorherigen Jahrhundertwende zu stammen. Eine Toilette und ein Abstellraum vollendeten das Erdgeschoss neben der Treppe, die nach oben und unten führte. Die nächste Sichtung wurde im Keller vorgenommen. Die drei von der KTU gingen voran, gefolgt von Björn und Petra. Ihr erstes Interesse galt dem Kellerraum auf der
rechten Hausseite. Am Fuße der Treppe schauten sich alle fünf verwundert an. Es war keine Tür zu sehen, die in den rechten Teil des Hauses im Keller führte. Es gab zwar drei Türen, diese führten sie in den mittleren und linken Teil des Hauses. Festzuhalten ist, der gesamte Keller hatte alte Gewölbe. Auch im mittleren Kellerraum gab es nichts was in den rechten Teil des Hauses führte.

„Ich gehe einmal nach draußen zu dem Kellerfenster und versuche mal hindurch zu sehen. Vielleicht sehe ich ja etwas“, sagte Björn und ließ sich noch eine Taschenlampe von Sven geben.
Vor der Tür war man überrascht, dass Björn so schnell wieder an der Haustür erschien.
Es dauerte 2-3 Minuten bis er wieder unten war.

„Also…, gegenüber vom Fenster ist eine Tür, die nach innen aufgehen müsste“, sagte er als er wieder da war.

„Und wo bitte soll diese Tür dann sein?“, fragte Moris nach.
Alle schauten sich noch einmal um, auch im mittleren Keller. Dort fiel Petra ein alter Schrank auf.

„Horst“, sprach sie ihn an.
„Bei dem Arzt Loserd in Kleve, im Fall mit den toten Ärzten im Hotel Amadeus, gab es eine Schrankreihe in der Garage. Eine Rückwand war zu eine Art Tür umgebaut worden und nur mit einem Magneten gehalten. Diesen Durchgang konnte man aber erst sehen, wenn man Kartons aus dem Schrank nahm.“

„Stimmt, ich habe davon gehört. Hat Lüppi mal erzählt. Du warst dabei, nicht wahr?“, fragte Horst nach.

„Ja, genau.“

„Dann lass mal sehen“, sagte Sven und öffnete die Schranktüren.
Im Inneren hingen alte Wintermäntel. Nach dem Ausräumen der Kleidung war eine Rückwand erkennbar. Klopfen, drücken, schieben nach links oder rechts brachte nichts. Die Rückwand blieb dort wo sie war. Nichts tat sich. Nun standen fünf ratlose Kriminalbeamte vor dem Schrank und blickten hinein. Da der Schrank in einer Ecke stand, versuchten Björn, genannt ‚der Bär‘ und Sven den Schrank aus der besagten Ecke zu schieben. Aber auch das blieb ein zweckloser Versuch. Der Schrank blieb dort stehen und ließ sich nicht von der Stelle rühren.

„Was ist das für ein Knopf dort oben im Schrankinneren?“, fragte Petra.

„Keine Ahnung“, antwortete Moris und zog einfach mal dran.
Der Holzknopf ließ sich 20 cm herausziehen bis es ‚Klack‘ machte. Björn und Sven versuchten noch einmal den Schrank seitlich zu verschieben. Es funktionierte und sogar recht gut. Später stellten Moris und Sven fest, der Schrank hatte nicht sichtbare Rollen bekommen, womit man ihn recht leicht zur Seite schieben konnte, wenn man den ‚Arretier-Stift‘ aus der Schrankrückwand und dem Mauerwerk gezogen hatte. Nun war auch die Tür zu sehen, die
allerdings abgeschlossen war. Das Schloss war ein altes Bundbartschloss und stellte somit, dank eines herkömmlichen Ditrichs, kein großes Hindernis dar. Leicht knarrend konnte die Tür nach innen geöffnet werden. Der erste Blick in den gesuchten Kellerraum ergab, im Gegensatz zu den anderen Kellerräumen, die alle so eine Art Betonboden gegossen bekommen hatten, war in dem Kellerraum kein fester Boden, sondern nacktes Erdreich. Dieser stellte sich kurze Zeit später als harter Lehmboden heraus. Direkt auffallend war, der Boden hatte an den Wänden entlang eine Art umlaufenden Wall. Soll heißen, in der Mitte war der Boden um etwa 40 cm tiefer. In der rechten hinteren Ecke, gegenüber dem noch immer brennenden Licht an der Wand, saßen die zwei Gesuchten auf dem Boden. Sie lehnten an der Wand und er hatte seinen Arm um sie gelegt, während ihr Kopf auf seiner Schulter lag. Der Geruch war kaum zum Aushalten. Die Wände waren Stellenweise feucht. Eine schmale Leiter lehnte an der Wand zum einzigen Licht. Moris, Sven und Horst betraten den Raum. Petra folgte auf etwas Abstand, Björn blieb nur zu Anfang noch vor der geöffneten Tür stehen, hinterher nicht mehr. Auch er betrat den Kellerraum. Beide schienen nach Ansicht von Horst die seit vier Wochen Vermissten zu sein. Als die drei näher kamen sahen sie einen Spaten auf dem Boden neben Herrn Novak liegen. Er hatte Arbeitskleidung an, wie man sie als Gärtner trägt. Sie hatte eine Haushaltsschürze um, darunter normale Kleidung. Sven sah auf die andere Seite und entdeckte eine Art Aushub am gegenüberliegenden Wall. Größere Steine waren beiseitegeschafft worden.
Er ging näher und sah hinein. Eine skelettierte Leiche war zu sehen. Der Schlag traf ihn fasst als er sah, oberhalb des Schädels waren zwei Füße zu erkennen. Diese schienen im Gegensatz zu der freigelegten Leiche noch halbwegs in Takt zu sein. Dass er sich dabei im Irrtum befand und es sich in Wirklichkeit ganz anders verhielt, ahnte Sven zu dem Zeitpunkt noch nicht.

 

Donnerstag, 12.30 Uhr
Polizeipräsidium Essen

Lüppi saß im Büro und telefonierte mit seinem Kontakt beim Einwohnermeldeamt. Es ging um Frau Langheimer aus Essen Schuir. Dort erfuhr er, die Eigentümerin des Hauses, wo sich in dem Augenblick die Kollegen befanden, hieß mit Vornamen Hertha, was er aber zu dem Zeitpunkt auch schon gewusst hatte. Ihr gehörte das Haus seit 1948, auch dies wusste er bereits. Hertha Langheimer war eine geborene Schillo. Aufgewachsen in Essen Altendorf. Sie hatte 1952 ihren zweiten Ehemann Hubertus Langheimer geheiratet, mit dem sie 1955 einen Sohn Namens Oskar bekommen hatte. Ihr Mann Hubertus war 1980 gestorben, als er selbst etwas an einer Steckdose reparieren wollte. Nach Aussage von seiner Frau und seinem Sohn hatte Hubertus dabei einen Stromschlag bekommen. Der dazu gerufene Notarzt konnte nur noch dessen Tod feststellen. Beim Einwohnermeldeamt erfuhr er nun, Frau Langheimer war als Frau Blumenthal während des Krieges in das Haus eingezogen. Ihr erster Ehemann, Aron Blumenthal, war
Anfang 1944 mit seiner ganzen Familie deportiert worden und im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau Ende Dezember 1944, kurz vor der Befreiung der Insassen am
27. Januar 1945, noch ermordet worden
. Die Heiratsurkunde der Eheleute Hertha und Aron Blumenthal waren in den Kriegsjahren beim Standesamt verschwunden oder zerstört worden. So genau ließ sich dies nicht mehr recherchieren. Durch zahlreiche Zeugenaussagen konnte Hertha Blumenthal glaubhaft versichern mit Aron Blumenthal verheiratet gewesen zu sein. Über zwei Jahre später war ihr das besagte Haus mit den umliegenden Ländereien überschrieben worden, nachdem festgestellt worden war, dass die ganze Familie Blumenthal im Vernichtungslager ermordet worden war und nur sie als geborene Schillo, die dem evangelischen Glauben angehörte, überlebt hatte. Nach diesen Informationen kam Lüppi schon ins Staunen. Bei dem nächsten Anruf seiner Kontaktperson beim Finanzamt bekam er zu hören, Frau Langheimer stand finanziell sehr gut da. Nach Kenntnis des Finanzamtes hatte sie ein Barvermögen von über 1,5 Millionen DM auf dem Konto. Der Sohn Oskar zahlte keine Einkommenssteuer und es würde für ihn auch keine Lohnsteuer bezahlt. Die Vermutung lag für ihn nun nahe, der Sohn lebte vom Geld seiner Mutter. Während Lüppi mit den Gesprächen mit dem Kataster-, Einwohnermelde- und Finanzamt beschäftigt war, waren Heike und Gördi zu einem Kellerbrand gerufen worden. Da beide keinen weiteren Fall auf ihren Schreibtischen liegen hatten, hatten sie die Brandermittlung übernommen, für die unter anderem auch die KK11 zuständig war. Was Lüppi noch mitbekommen hatte war, der Kellerbrand war in Essen Holsterhausen ausgebrochen. Hieß also, Lüppi war mal wieder alleine im Büro. Die abgeschlossenen Fallakten der Kolleginnen und Kollegen der KK11 waren alle abgearbeitet, diese lästige Arbeit hatte er erst einmal hinter sich.
Im fiel Jasmin wieder ein, die mit
einem Aktenrollwagen und einem großen Stapel Akten von dem bereits beurlaubten Kollegen Adams in Eckerhard´s Büro gebracht hatte. Diese Akten stapelten sich nun seit mehr als zwei Wochen auf dem Seitenschrank. Er wusste auch, der Polizeipräsident wartete auf ihn, um das Disziplinarverfahren gegen den Ex-Kollegen Adams einzuleiten. Daher musste er noch alle Akten genauer studieren und schauen inwieweit diese relevant für ein Verfahren gegen den Erster Kriminalhauptkommissar der KK12 war. Er seufzte laut alleine im Büro, stand auf und ging mit den Worten, mir bleibt aber auch nichts erspart, in sein zweites Büro, was noch immer als Eckerhard´s Büro bezeichnet wurde.

 

Donnerstag, 12.45 Uhr
Schweiz, Ort Ascona

Bernardo Carbone, Maria Damico, Michele Alessandro Mascali und Gianna Rizzi waren mit ihrem Wagen runter zum Ort Cannero Riviera gefahren, um von dort in Richtung Norden zur Schweiz zu kommen. Immer der teilweise rechten schmalen Küstenstraße entlang. Vorbei an den Orten Cannobio und San Bartolomeo bis zur Grenze. Die beiden Frauen saßen hinten und Maria war aufgeregt wie schon lange nicht mehr.

„Ob uns die Schweizer auch einreisen lassen?“, fragte sie die drei.

„Warum sollten sie uns nicht einreisen lassen?“, fragte Bernardo vom Beifahrersitz zurück.

„Keine Ahnung, ich dachte die könnten vielleicht gar nicht damit einverstanden sein, dass wir zu denen kommen.“

„Nein, mach dir keine Gedanken, das klappt schon“, sagte er ihr und das erste Grenzgebäude kam in einer Linkskurve.
Ein Italienscher Grenzbeamte sah sie an, Michele hielt bei ihm an. Der Beamte machte aber keine Anstalten, dass er mit ihnen sprechen wollte. Nach einem leichten Kopfnicken fuhr Michele langsam weiter. Maria war aufgeregter als zuvor. Nach etwa vierzig Metern kam die Schweizer Grenze.
Zwei Schweizer Grenzbeamte schauten auf den langsam herannahenden Mercedes, sahen das Michele sie anlächelte und einer von ihnen winkte ihn mit einer Handbewegung durch, ohne das er anhalten musste. Die vier älteren Italiener sahen für sie wie Tagestouristen aus, zudem waren es auch zwei Pärchen.
Michele fuhr ohne anzuhalten weiter in Richtung des Ortes Brissago.

„Das war es, Maria. Wir sind in der Schweiz“, sagte Bernardo zu ihr.

„Ja, wie…, das war alles?“, fragte sie schon fast enttäuscht.

„Ja, das war alles.“
Nach 20 Minuten hatten sie den Ort Ascona erreicht und stellten den Wagen auf einem Parkplatz ab, den Gianna von früheren Besuchen her kannte. Nach einem Spaziergang von 10 Minuten kamen die Vier an der Promenade Piazza Giuseppe Motta an. Gianna zeigte den dreien die schönen Lokale, den Blick auf den See, die Bäume am Ufer, die Boote auf dem Wasser und am Ufer. Alles zusammen machten diese schönen Eindrücke selbst im November so eine Art Urlaubsstimmung aus. Die Promenade gefiel allen dreien gut. Gianna hatte nicht zu viel versprochen. In einer der Café’s mit Blick auf den See verbrachten sie den Mittag, um sich anschließend noch die Innenstadt anzusehen. Den Ausflug fanden alle vier schön und beide Pärchen schlenderten jeweils Arm in Arm bzw. Hand in Hand durch den Ort. Am späten Nachmittag fuhren die vier wieder zurück, wo sie eine dreiviertel Stunde später am Haus oberhalb
vom Ort Cannero Rivera ankamen.

 

Donnerstag, 14.00 Uhr
Essen Schuir

Die drei von der KTU waren seit einigen Minuten aus dem Keller zurück. Den noch halbwegs intakten Leichnam oberhalb der skelettierten Leiche hatten sie freigelegt und waren sehr erstaunt über das, was sie zu sehen bekommen hatten. Moris und Horst wussten, so einen Leichenfund hatten sie beide im gleichen Jahr schon einmal gehabt. Horst hatte über die Zentrale im Präsidium bei der Rechtsmedizin im Universitätsklinikum Essen anrufen lassen. Der Rechtsmedizinerin Frau Dr. Stefanie Schneider war ausgerichtet worden, was gefunden worden war. Die Frage die er hatte war, ob sie einmal selbst zum Fundort kommen wollte, was sie nur selten und nur bei besonderen Vorkommnissen tat. Also somit ganz anders als das, was man so üblicherweise bei Krimis in Spielfilmen zu sehen bekommt, was überhaupt nicht der Wirklichkeit entspricht.
Frau Doktor hatte mitteilen lassen, sie würde sich auf den Weg machen.
Meik war eine halbe Stunde zuvor von Petra und Björn, nach ihrem eigenen wieder Herauskommen aus
dem ‚Keller des Grauens‘, dazu versucht genötigt zu werden, auch in den Keller zu gehen und sich selbst einen Eindruck zu verschaffen. Er hatte zu Anfang gar nicht gewollt. Beide hatten ihn über einen längeren Zeitraum damit aufgezogen. Als die drei Kollegen, Horst, Moris und Sven auch wieder heraus waren, ging Björn hin und versuchte es erneut mit seiner recht direkten Art.

„Meik“, fing Björn an.
„Es gibt jetzt drei Möglichkeiten für dich. Die erste wäre, du springst jetzt mal über deinen Berliner Schatten, gehst freiwillig nach unten und stellst dich nicht wie ein kleines Mädchen an. Ich war auch unten und habe es überlebt.“

„Was sind die anderen Möglichkeiten?“, fragte Meik nach.

„Ich schmeiß dich über meine Schulter und trag dich nach unten“, antwortete Björn, genannt ‚der Bär‘.

„Das tut bestimmt weh. Du passt doch bestimmt nicht auf, wenn du mich nach unten trägst. Ich glaube, ich möchte lieber hören was die dritte Möglichkeit ist…, bitte.“

„Du fährst zurück ins Präsidium und machst Schreibtischarbeit.“

„Das ich als Kriminaloberkommissar höhergestellt bin als du, weißt du aber schon, oder?“, fragte Meik.

„Der Hinweis wird dir bei Lüppi nichts nutzen, nimm dir mal ein Beispiel an Petra“, erwiderte Björn.

„Petra ist kein Maßstab…“, ließ sich Meik hinreißen zu sagen.

„Soso, warum bin ich kein Maßstab?“, wollte Petra erfahren.

„Das würde mich jetzt auch interessieren“, fügte Horst nun an.

„Du bist Lüppi´s Tochter. Lüppi ist wahrscheinlich in der Lage neben einer vier Wochen alten Leiche auch noch seine Mittgasmahlzeit einzunehmen“, konnte sich Meik vorstellen.

„Das würde ich bei ihm nicht ausschließen wollen“, antwortete Horst ihm.

„So, mein lieber Kollege Meik, es ist nun Zeit eine Entscheidung zu treffen. Möchtest du ein Held werden und gehst freiwillig nach unten oder soll ich dir dabei etwas helfen und dich auf meine ganz besonders zärtliche Art nach unten begleiten. Oder entscheidest du dich für die dritte Möglichkeit? Du gestehst dir ein, du bist für Mordermittlung nicht ganz geeignet und fährst ins Präsidium zurück.“

„Meik“, sprach Ulrike ihn an.
„Wärst du so lieb und würdest mich zurück zum Präsidium fahren, wir sind ja mit deinem Wagen hierhergekommen?“

„Meine liebe Ulrike“, fing Meik mit seiner Antwort an.
„Aber natürlich fahre ich dich zurück.“
Nur wenige Augenblicke später waren die zwei weg. Horst hatte für so ein Verhalten nur wenig bis kein Verständnis. Er ließ sich das Funkgerät eines der beiden Streifenkollegen geben und funkte die Wache im Präsidium an. Der wachhabende Kollege rief bei Lüppi im Büro an. Nach länger schellen lassen meldete er sich zurück und teilte mit, da würde keiner daran gehen. Petra meinte, Lüppi könnte in Eckerhard´s Büro sein. Nach Weitergabe der Info an den wachhabenden Kollegen, versuchte er es nun dort.

 

Donnerstag, 14.15 Uhr
Polizeipräsidium Essen

Lüppi saß am Schreibtisch in Eckerhard´s Büro und war in die Akten von Kollege Adams vertieft, als das Telefon schellte. Er erfuhr, Meik fuhr zu dem Zeitpunkt Ulrike zurück ins Präsidium, was damit zu tun hätte, dass der Vermisstenfall nun eine Mordermittlung geworden war und dass zwei weitere Leichen gefunden worden waren. Er erfuhr zusätzlich, Frau Doktor wäre auf dem Weg zum Fundort. Horst ließ des Weiteren ausrichten, er solle Meik mal nach den Leichen fragen. Was sein alter Schulfreund damit meinte und ihm mitteilen wollte, konnte sich Lüppi sofort denken. Er öffnete daher die Bürotür, um mitzubekommen, wenn Meik vorbeikam.
Es verging noch eine weitere halbe Stunde bis Schritte auf dem Gang zu hören waren und Meik an Eckerhard´s Büro vorbeilief.

„Meik!“, rief Lüppi laut hinter ihm her.
Den Schrittgeräuschen nach zu urteilen, kam er zurück, streckte seinen Kopf in den Türrahmen und fragte.

„Ja, bitte?“

„Ihr seid wieder zurück?“, fragte Lüppi und wusste es ja besser.

„Nein, nur ich. Ich habe Ulrike hierher zurückgebracht“, antwortete er Wahrheitsgemäß.

„Äh…, ja wie jetzt? Ist Horst mit den Seinen bereits fertig oder nicht?“

„Nein, die warten auf Frau Dr. Schneider. Dann geht es weiter.“

„In Ordnung“, kam mal wieder von ihm.
„Das heißt jetzt…, du machst jetzt bitte was?“

„Ich bin hier und…“, weiter kam er nicht, da Lüppi seine rechte Hand hochhielt.

„Ich glaube, ich habe gerade eine lange Leitung. Ich verstehe, dass Ulrike wieder zurückgewollt hat. Alles so in
Ordnung. Warum du sie hierher fährst, verstehe ich als erstes nicht. Das zweite, was ich nicht verstehe ist, wieso bist du hier, wenn ich euch zu dritt einen Fall übertragen habe? Sollst du hierher kommen um etwas zu holen oder was ist der Grund deines Hierseins?“, fragte Lüppi nach.
Meik sah, Lüppi war in dem Augenblick nicht der ‚nette‘ Kollege und Chef wie sonst.

„Ich fahr jetzt wieder nach Schuir. Ich… wollte… dich nur in Kenntnis setzen, was bis jetzt passiert ist“, behauptete er.

„Wenn das so ist, dass du mich informieren möchtest, warum fragst du dann, als du gerade hier deinen Kopf hineingestreckt hast, ja bitte? Wenn du mich hättest informieren wollen, wie du behauptest, dann hättest du doch so etwas gesagt, wie zum Beispiel. Ach, hier bist du, ich möchte dir etwas von Schuir erzählen. Hast du aber nicht. Nein, du aber fragst mich, was ich möchte. Komisch, ein sehr komisches Verhalten von dir“, sagte Lüppi und stand auf.
Er ging auf ihn zu, Meik trat zurück auf den Gang und ließ ihn aus dem Büro kommen.

„Warte hier“, sagte Lüppi knapp.
Er ging zu seinem Schreibtisch und holte seine eigenen Autoschlüssel. Wieder bei Meik auf dem Gang angekommen, sagte er ihm.

„Wir fahren mit meinem Wagen.“
Meik musste schlucken und überlegte was er nun tun könnte. Während der Fahrt sagte er ihm was er gehört hatte und somit wusste. Lüppi hatte dabei schon ganz klar den
Eindruck, es hörte sich wie hören sagen an und nicht wie, das habe ich selber gesehen. Was Lüppi vor Ort tun würde, wusste er auch so schon sofort. Es war nicht das erste Mal, dass er so etwas erleben musste.

 

Donnerstag, 15.05 Uhr
Essen Schuir

Lüppi und Meik kamen zum Erstaunen der zwei Streifenkollegen und dem Neffen Goran Novak am alleinstehenden Haus von Hertha Langheimer an. Der Wagen von Stefanie stand inzwischen auch dort. Als beide aus Lüppi´s Mercedes stiegen, fragte einer der beiden Streifenkollegen.

„Meik, biste doch wieder da?“
Er verzog seinen Mund, antwortete ihnen aber nicht.
Lüppi hatte den Hinweis verstanden und das kurze Augenzwingern des anderen Streifenkollegen auch gesehen.

„Ich gehe mal davon aus, die anderen sind bei den Leichenfunden?“, erkundigte sich Lüppi bei den Kollegen.

„Exakt, Lüppi, die sind alle unten“, antwortete einer der beiden.

„Meik, dann sei doch bitte so lieb, geh mal vor und zeige mir wo das denn genau ist“, bat er ihn.
Lüppi reichte Meik Gummihandschuhe und Schuhüberzieher, die beide vorher anzogen. Meik betrat anschließend wortlos das Haus, dummerweise zum ersten Mal. Dies bemerkte Lüppi auch sofort, auch ohne jeglichen Hinweis von Horst und den beiden Streifenbeamten vor dem Haus. Der besagte Geruch kam ihm dort schon entgegen. Dies wurde nicht besser als auch die zwei am Fuße der Treppe im Keller ankamen und sich fragten, wo es denn nun weiter gehen würde.

„Wo müssen wir her?“, fragte Lüppi bewusst ungeduldig.

„Äh, ich muss mal eben schauen“, antwortete er und ging passenderweise in den richtigen Keller, in der Mitte des Hauses. Dort angekommen sahen beide die Tür, den beiseitegeschobenen Schrank und hörten die Stimmen von Stefanie, Petra und den Kollegen. Durch eine entsprechende Handbewegung zeigte Lüppi dem jüngeren Kollegen, er solle vorgehen, was Meik dann auch tat. Nach wenigen Schritten stand er hinter der Tür auf dem umlaufenden Wall. Der Geruch war für ihn kaum zum Aushalten. Da es so schien als wenn er nicht weitergehen wolle, tippte Lüppi ihn auf die Schulter. Meik trat beiseite und auch Lüppi betrat den Kellerraum. Alle sechs sahen die zwei an, nur Björn wollte etwas dazu sagen.

„Meik, da bist du…“, sagte er und unterbrach sich, da er von Petra leicht von der Seite angestoßen wurde.
„Hast du Ulrike zurückgebracht?“, fügte er stattdessen noch an.

„Hallo, zusammen“, sagte Lüppi recht laut und ließ Meik keine Zeit für eine Antwort.
„Das ist das Ehepaar Novak?“, fragte er als nächstes, obwohl dies ja offensichtlich war.

„Stimmt genau“, antwortete Horst und lächelte ihn an.
Stefanie saß in der Hocke und betrachtete sich die inzwischen sehr vorsichtig freigelegte ‚Wachsleiche‘, die noch bekleidet war. Lüppi ging näher hin, um sich diesen Leichnam anzusehen. Es schien eine Frau zu sein. Sie trug ein Kleid. Dem Stoff, dem Muster und dem Schnitt nach zu urteilen, glaubte Lüppi, das Kleid war schätzungsweise
40 bis 50 Jahre alt. Die Frau schien blonde Haare gehabt zu haben.

„Die Frau erinnert mich an den Kellerfund bei Eberhard Lehmann. Der amerikanische Soldat sah doch genauso aus, oder?“, fragte Lüppi bei Stefanie nach.

„Das ist vollkommen richtig“, bestätigte sie ihm.

„Wenn ich das richtig behalten habe, war es Anfang Mai der Betonboden. Warum ist das bei der Frau auch so und warum ist das bei der Person davor nicht der Fall gewesen?“, wollte Lüppi wissen und zeigte mit dem Finger auf das Skelett. (Kommissar Lüppi - Band 1)

„Der Boden hier ist sehr Lehm haltig. Damit war die Frau vollkommen umschlossen. Der Lehm hat die gleiche Wirkung wie der Beton bei dem amerikanischen Soldaten. Das bei dem Mann vor ihr nur noch das Skelett übriggeblieben ist, hat damit zu tun, der Leichnam war nicht Luftdicht verschlossen, sondern größtenteils nur mit den Steinen dort abgedeckt. Das hat dazu geführt, dass sich der Leichnam durch die Sauerstoffzufuhr zersetzen konnte“, antwortete Stefanie ihm und zeigte auf die recht großen Steinbrocken, die auf dem unteren Teil des Erdbodens lagen.
Er schaute auf die Steine und sich danach einmal ringsherum um.

„Ich weiß ja nicht was ihr denkt…“, sagte Lüppi weiter.
„Aber wenn ich mir hier den umlaufenden Erdhaufen so ansehe und ich anfange darüber nachzudenken warum wohl hier in der Mitte des Raumes sehr viel ausgehoben wurde, könnte ich da auf eine böse Vorahnung kommen.“

„Du sprichst jetzt das aus, worüber ich auch schon nachgedacht habe“, teilte Horst mit.

„Was bitte meint ihr?“, fragte Petra.

„Oh, nein bitte nicht“, bat Stefanie.

„Ihr wollt doch jetzt nicht sagen, es könnte möglich sein, dass ringsherum… und so…“, sagte Moris und zeigte einmal mit Finger auf den umlaufenden Wall.

„Wie bitte…?“, fragte Björn und ahnte es nun auch.

„Ach, du dicke Scheiße!“, sagte nun auch Petra.

„Man muss sich ja mal fragen“, fing Lüppi an.
„Warum hebe ich so viel in der Mitte aus, verteile es an der Wand zu einem Wall und habe für diese Leiche dort“, dabei zeigte er auf das Skelett. „Dann nur noch Steine übrig?“

„Einen Augenblick mal“, sagte Sven und fing an die ungefähre Anzahl abzuschätzen.
„Das könnten dann ja noch weitere eins, zwei, drei, vier, fünf…, sechs… Leichen sein.“

„Oh, oh, das wird hier dann wohl länger dauern“, war die Reaktion von Moris.

„Wenn das so sein sollte, dann lasst uns mal bitte oberhalb der Frau den Lehmboden weiter abtragen“, bat Stefanie.
Lüppi sah zum Eingang des Raumes, um zu sehen wie es Meik ging. Er erinnerte ihn sehr stark an Gördi.
Ein leichenblasses Gesicht war zu sehen oder anders ausgedrückt, was auch gerne in solchen Fällen gesagt wird ist, er sah aus wie ein Schluck Wasser in der Kurve. Lüppi hatte ein Einsehen mit ihm und schickte ihn nach oben. Als er weg war, meinte Horst.

„Haben wir jetzt einen zweiten Gerhard?“

„Sieht ganz so aus“, bestätigte er ihm.

„Ich denke, wir sollten euch vier jetzt mal alleine lassen und uns im restlichen Haus umsehen. Vielleicht finden wir ja noch etwas“, sagte Petra und Lüppi stimmte ihr zu.
Die drei folgten Meik, der inzwischen vor dem Haus stand, noch immer leichenblass war und Herrn Novak darüber berichtete, was er gesehen hatte. Zu viert gingen sie danach hoch in den ersten Stock. Dort sahen sie, die Treppe führte auch noch weiter unter das Dach. Einige Zimmer in unterschiedlicher Größe waren hier unterteilt worden. Das größte war dies mit dem halbrunden Fenster im Giebel. Es war auch das Einzige, was noch Möbel aufwies. Ein Einzelbett, ein Kleiderschrank, 1 Meter breit, und ein Sessel mit Tisch. Alle anderen Zimmer waren leer und die Tapeten schienen aus der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg zu sein. Lüppi
bemerkte bei Petra, sie schaute ob es irgendwo einen versteckten Zugang gab. Sie sah sich alles ganz genau an. Nach einiger Zeit, sie hatten alle vier nichts Interessantes entdeckt, gingen sie in den ersten Stock zurück. Hier befanden sich fünf Räume. Sie fingen hinten links an, dies bedeute, das Zimmer ging nach hinten zur Terrasse hinaus. Es war ein Schlafzimmer mit Doppelbett und Kleiderschrank. Der Möbelstil entsprach ungefähr den 50er Jahren. Die vier sahen sich dort überall um. Der Kleiderschrank wurde von ihnen einmal auf links gedreht, wie man so schön sagt. Dort hing Männerbekleidung. Offensichtlich auch nicht neu und nicht aus den letzten zehn Jahren. Beide Nachtschränke und das komplette Bett folgten danach. Die Matratze war noch dreiteilig, wie man es früher hatte und schien genauso alt zu sein wie das restliche Schlafzimmer. Nach einer Viertelstunde waren die vier damit fertig. Das nächste Zimmer war das gegenüber, also nach vorne heraus. Hier sah es nach einem ehemaligen Jugendzimmer aus. Alles war leer, nicht ein einziges Teil war zu finden. Der nächste Gang war für die vier in das größte der fünf Zimmer. Es war das Zimmer über dem Eingang mit dem Balkon. Hier befand sich ein Arbeitszimmer mit einem hohen und langen Bücherregal in einer Ecke, dazu ein Ohrensessel zum Bücher lesen. Auch diese Möbel schienen aus der vorherigen Jahrhundertwende zu stammen.

„Meik“, sprach Lüppi ihn an und bat ihn.
„Schau mal bitte, was in den restlichen zwei Zimmern ist.“
Als er kurze Zeit später wiederkam, sagte er.

„Noch ein Schlafzimmer ohne Kleiderschrank, aber deutlich jüngeren Datums. Der zweite Raum nach vorne scheint ein Ankleidezimmer zu sein.“

„In Ordnung“, sagte er mal wieder und zog eine von sechs Schubladen am Schreibtisch auf. Beim Hineinsehen machte er die Feststellung.

„Ein Haufen Briefe“, und nahm das erste Bündel heraus. Bündel deshalb, weil die recht große Schublade nur geöffnete Briefe beinhaltete, die mit Schnüren zusammengebunden waren. Mehrere Bündel Pakete holte er im Anschluss heraus. Alle sahen sehr alt aus. In der nächsten Schublade fand er alte A4 Kladden, die jeweils mit Kordeln zusammengehalten wurden.

„Ein großer Haufen Papierkram!“, resümierte er.
Während Petra und Björn sich die Buchtitel ansahen, öffnete Meik den einzigen Schrank im Zimmer. Er beinhaltete hauptsächlich Aktenordner.

„Müssen wir uns das alles ansehen?“, fragte er rhetorisch nach und wusste die Antwort nur zu genau.

„Nein, das können wir sein lassen…“, antwortete Lüppi unterbrach sich selbst. „Wenn…“, sagte er und grinste breit.
Petra und Björn drehten sich verwundert zu ihm um.

„Wenn du, mein lieber Meik, in der Lage bist mit deinem uns gegenüber verschwiegenem Röntgenblick dir alles ansehen kannst und mit deinem fotographischen Gedächtnis die wichtigsten Dinge für uns andere irgendwie zugänglich machen kannst.“

„Dann muss ich mir das wohl doch alles ansehen“, sagte er und nahm oben links den ersten Ordner aus dem Schrank.

 

Donnerstag, 16.55 Uhr
Essen Schuir

Noch immer waren die vier im Arbeitszimmer mit der Sichtung der vielen Unterlagen beschäftigt. Björn sah auf seine Uhr und stellte fest.

„Wir haben ja schon fast 17 Uhr.“

„Wie lange machen wir noch?“, fragte Petra in Lüppi´s Richtung.

„Was schlägst du vor?“, fragte er zurück.

„Ich würde sagen, wir lassen das Haus über Nacht bewachen und machen Morgen weiter“, antwortete sie.

„Ich habe da das eine und andere schon gefunden, was wir uns noch mal näher ansehen müssen“, teilte Meik mit.

„Gut, dann lasst uns noch mal in den ‚Keller des Grauens‘ gehen und sehen, was die vier da so noch gefunden haben“, sagte Lüppi.

„Ich muss wohl wieder mit dorthin, nehme ich an, oder?“, erkundigte sich Meik.

„Wenn es dir lieber ist, ich hätte auch noch einen Platz in der KK12 frei“, sagte Lüppi ihm.

„Welcher Bereich…?“

Sexualdelikte und Förderung der Prostitution. Da fehlen zwei Leute.“

„Okay, ich gehe mit in den ‚Keller des Grauens‘.“

„Wie du möchtest, du hast die Wahl.“

Unten im besagten Kellerraum angekommen sahen sie, die drei hatten ringsherum die Oberfläche des umlaufenden Walls soweit freigelegt um sehen zu können, ob die Vermutung, oder richtiger gesagt, die Befürchtung stimmte. Sie erfuhren, Stefanie war zur Rechtsmedizin zurückgefahren, was damit zu tun hatte, es waren ringsherum bereits noch weitere Leichen im Wall teilweise freigelegt worden.

„Sehe ich das richtig, es sind wirklich noch fünf weitere?“, fragte Petra nach.

„Siehst du richtig, es sind insgesamt sechs Wachsleichen“, antwortete Moris.

„Könnt ihr schon etwas zu den weiteren ‚Wachsleichen‘ sagen?“, erkundigte sich Petra.

„Alle sind angezogen. Wir nehmen an, sie könnten in unterschiedlichen Jahren hier vergraben worden sein. Das lässt sich zuerst einmal an der Kleidung erkennen. Fünf Frauen und ein weiterer Mann. Woran sie gestorben sind, können wir erst feststellen, wenn sie alle freigelegt worden und geborgen sind.“

„Könnt ihr schon abschätzen wie lange ihr hier brauchen werdet?“

„Morgen auf jeden Fall, vielleicht auch noch Übermorgen“, antwortete Moris und Horst teilte mit.

„Wir haben schon Bescheid gegeben, dass das Haus rund um die Uhr bewacht werden muss.“
Wie von Sven überschläglich geschätzt, waren es nun fünf zusätzliche Leichen. Somit waren sieben in dem Erdwall plus das Ehepaar Novak. Die vier verabschiedeten sich von den dreien. Vor der Haustür wechselte zu dem Zeitpunkt die Polizeistreife. Björn fuhr mit einer Streife zurück zum Präsidium, da dort noch sein Auto stand. Das war bei Meik zwar auch so, er fuhr aber trotzdem mit nach Frohnhausen zurück und ließ seinen Audi 80 dort stehen.

 

Donnerstag, 17.50 Uhr
Essen Frohnhausen

Lüppi und Petra hatten Meik bei Uschi´s Eck abgesetzt und kamen Zuhause an. Torti hatte sich schon vorher langsam Sorgen gemacht und war deshalb bei den dreien nebenan gewesen, um nachzufragen. Dort hatte sie erfahren, Lüppi wäre auch nach Schuir gefahren. Dies hatten Heike und Gördi gehört, als sie selbst am frühen Nachmittag wiedergekommen waren.
Nun waren die zwei auch dort. Beide wurden von ihr erst einmal herzlichst in den Arm genommen und gedrückt.
Etwas später saßen die zwei, wie zumeist, einträchtig zusammen auf der Couch bei einer Tasse Kaffee und er berichtete ihr ziemlich genau von dem was er erlebt hatte.
Den anfänglichen Schwindel von Meik ließ er dabei nicht unerwähnt, genauso wenig wie dessen Ausrede. Was ihn noch immer fuchste und natürlich erzählte er ihr von Meik´s ‚Ja, bitte?‘ im Detail.

„Wenn ich mir das jetzt so anhöre, was du mir erzählst, dann ist er an solchen Tatorten keine große Hilfe“, stellte Torti fest.

„Er verhält sich schlimmer als Gördi. Aber der steht wenigsten dazu und eiert nicht rum, wie man bei uns so schön sagt“, sagte Lüppi.

„Und das magst du ja überhaupt nicht“, wusste sie.

„Stimmt genau, mein Schatz. Immer schön ehrlich sein.“

„Hast du mir nicht mal erzählt, Gördi ist vor über fünf Jahren von Eckerhard dazu gedrängt worden dich in der KK11 zu unterstützen? Er hatte doch gar nicht vor in die KK11 zur Todes- und Brandermittlung zu wechseln, ist doch richtig, nicht wahr?

„Ja, ist richtig. Er wollte zu Anfang gar nicht. Hatte aber gedacht, ich würde mit ihm auch nicht klarkommen, so wie mit allen anderen nach Heike. Dann klappte es aber besser als gedacht. Gördi ist halt ein recht ruhiger Mensch. Mit der Zeit habe ich ihn und seine so ganz andere Art zu schätzen gelernt. Heike, Petra und Gördi sind mir die allerliebsten bei uns.“

„Er war doch vorher bei der Sitte, nicht wahr?“

„Jo.“

„Wie geht es jetzt mit euren neun Toten weiter?“

„Das kann ich dir noch nicht sagen. Zuerst einmal müssen wir wissen wie lange sie einzeln dort gelegen haben. Wie sie gestorben sind und ob sich herausfinden lässt, wer sie gewesen sind. Wurden sie vermisst oder werden sie noch immer vermisst. Stehen die Todesfälle mit der merkwürdigen Geschichte um Frau Langheimer im Zusammenhang.“

„Das klingt jetzt mal wieder nach einem umfangreichen Fall“, schätze sie.

„Theoretisch könnten die sieben Mordfälle, der Mord an dem Ehepaar Novak und die merkwürdige Geschichte um Frau Langheimer auch nicht im Zusammenhang stehen.“

„Glaubst du das?“

„Nö, tue ich nicht, ist aber möglich.“
Er sah sie an und sie sah, es war im etwas eingefallen.

„Was hast du?“

„Was ist eigentlich mit Dirk und Dafina? Die zwei lassen sich ja gar nicht mehr blicken.“

„Das ist mir auch schon aufgefallen“, bestätigte sie.

„Ja, und?“

„Nix, ja und. Du weißt doch selbst, dass es bei ihm immer solche Phasen gibt, wo er sich eine Zeit lang nicht blicken lässt. Dann kommt er wieder ein paarmal und bleibt dann wieder weg.“

„Und da kannst du als Mutter mit leben?“, fragte er seine Torti.

„Was habe ich denn für eine Wahl?“

„Mit ihm reden, vielleicht?“

„Das ist der ganz falsche Weg“, war sie aus Erfahrung überzeugt.
„Ich kann doch nicht zu meinem erwachsenen Sohn gehen und ihm sagen, er solle sich mal regelmäßiger bei mir melden. Das mein lieber Ehemann…, geht vollständig nach hinten los. Glaube es mir, ich weiß wie mein Dirk tickt.“

„Du meinst also, er macht dann zu.“

„Genau und tut genau das Gegenteil. Das klappt nicht, dass kenne ich schon.“

„Ich habe eine Idee“, sagte Lüppi, nahm das Telefon und rief bei Petra und Mario an. Dort erkundigte er sich, ob sie Samstagnachmittag Zeit hätten. Die Antwort war JA, sie hätten nichts vor. Er erzählte beiden, sie wollten sie und die anderen beiden zum Kaffeetrinken einladen. Im Anschluss rief er nebenan im Nachbarhaus an. Sie ging dran.

„Hallo, Dafina, sagt mal, habt ihr Samstagnachmittag schon was vor?“

„Nein, bis jetzt nicht. Es soll ja das ganze Wochenende regnen, sagen sie im Radio.“

„Wir wollen euch zwei und ‚Dirk´s Schwester‘ mit Mario zum Kaffeetrinken einladen. Torti backt auch einen leckeren Kuchen. Was sagt du?“

„Ich sage, ja, gerne. Ich frag mal Dirk, einen Augenblick bitte…“, dann war nichts mehr zu hören.

„Und?“, wollte Torti wissen.

„Sie geht ihn fragen“, antwortete Lüppi.

„Da bin ich wieder“, sagte Dafina nach einigen Momenten.
„Ich habe mit Dirk gesprochen. Wir kommen.“

„Schön! Frage, musstest du ihn erst überzeugen?“, fragte er sie direkt, wie es so seine Art war.

„Ja…, da liegst du richtig. Wann sollen wir denn bei euch sein?“

„Zwischen 15 und 15.30 Uhr, so wie üblich“, antwortete er ihr.

„Ich freu mich“, sagte sie und beide beendeten das Gespräch.

„Dann überlege ich mir mal, was ich für einen Kuchen backe.“

„Einen Erdbeerkuchen!“

„Bitte, was? Lüppi…, wir haben November und es ist doch jetzt gar keine Erdbeerzeit. Woher soll ich denn jetzt Erdbeeren bekommen?“

„Es gibt doch tiefgefrorene Erdbeeren.“

„Die schmecken nicht und die kommen nicht auf meinen Kuchen. Ich mache einen gedeckten Apfelkuchen mit Schlagrahm, den isst du auch sehr gerne“, sagte sie und gab ihm einen Kuss.

 

Donnerstag, 19.00 Uhr
Italien, Lago Maggiore
Ort Cannero Rivera, Restaurante Bella Italia

Bernardo Carbone, Maria Damico, Michele Alessandro Mascali und Gianna Rizzi standen auf der Promenade im Halb-Dunkeln. Die Sonne war schon länger untergegangen. Die Promenade war nur schwach beleuchtet, alle vier blickten auf den See. Zwei Schiffe zogen beleuchtet in einiger Entfernung an ihnen vorüber. Das Restaurante von dem Vermieter von Gianna, der ihr noch Arbeitslohn schuldete, lag nur wenige Schritte entfernt. Im gleichen Gebäude
befand sich das dazugehörige Hotel. Bernardo drehte sich von dem Blick auf den See zum Lokal und Hotel um.

Ein kleiner Hinweis an dieser Stelle, den Sie bestimmt aber schon kennen, das folgende Gespräch wurde auf Italienisch mit einigen sizilianischen Worten geführt.

„Viele Fenster sind in dem Hotel aber nicht beleuchtet“, macht er die Feststellung.

„Wenn ich das richtig sehe sind es gerade mal sechs Zimmer, wo Licht brennt, also zwei pro Etage“, sagte Gianna.

 

 
Buchrückseite  

 

 

  ©2005 Schmitz-Sobaszek.de
©2025 Kommissar-Lüppi.de
 ©2020 MarkusSchmitz.site